Neue Herausforderung: Gemeinsame Ausschreibungen für Wind und Photovoltaik

Die erste Runde der technologiespezifischen Auktion für Onshore Windenergie ist gerade erst abgeschlossen worden, da steht der Branche schon die nächste Herausforderung ins Haus – die gemeinsame Ausschreibung für Windenergie und Photovoltaik. Am 11. April veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie einen Entwurf einer Verordnung zu den gemeinsamen Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen (GemAV). Eine der Voraussetzungen für die Genehmigung des EEG 2017 durch die EU war die Einführung von gemeinsamen Auktionen für Wind und PV. Aus diesem Grund soll möglichst noch vor der Sommerpause eine Verordnung erlassen werden, die die Details dieser Auktionen regelt.

Grundzüge der gemeinsamen Ausschreibung
Zielstellung der GemAV ist die Schaffung von Rahmenbedingungen für die gemeinsame Verauktionierung von jährlich 400MW installierter Leistung in den Jahren 2018 bis 2020, die sich auf die erneuerbaren Technologien Wind Onshore und Photovoltaik aufteilen werden. Die erste Auktion wird zum 1.4.2018 mit einem ausgeschriebenen Volumen von 200 MW stattfinden – eine weitere Runde folgt in 2018. Um diese Technologien in einer gemeinsamen Ausschreibung gegeneinander antreten lassen zu können, müssen aus Sicht des Gesetzgebers Grundlagen geschaffen werden, die auf der einen Seite einen fairen Wettbewerb ermöglichen und auf der anderen Seite auf Sonderregelungen verzichten, die zu Wettbewerbsverzerrungen führen – wie das Referenzertragsmodell und die Bürgerenergieprivilegien. Um der Gefahr vorzubeugen, dass in einem reinen Gebotspreiswettbewerb nur eine Technologie in einer Region (z.B. Wind an der Küste) zum Zuge kommt, wird die zunächst schlichte Idee um regulatorische Gestaltungselemente ergänzt. Damit soll eine regionale Zubausteuerung erfolgen, bei gleichzeitigem Erhalt einer hohen Wettbewerbsintensität. Aus diesem Grund enthält der Verordnungsentwurf eine ganze Reihe an neuen Designelementen und Rechengrößen wie etwa Portfolioquotienten, Verteilernetzausbaugebiete und regionale Höchstwerte.

Regulatorische Steuerung des Zubaus

Zwei grundlegende Zielstellungen der GemAV sind die Vermeidung von zusätzlichem Ausbau auf Verteilnetzebene sowie die Minimierung von stark erhöhten Renditen von Standorten mit besonders hohem Windaufkommen und somit geringen Stromgestehungskosten. Erreicht werden sollen diese Ziele zum einen durch die Einführung von Aufschlägen (Verteilernetzkomponente) auf die individuellen Gebote, welche die Reihung der Gebote untereinander beeinflussen soll, nicht aber die Höhe des anzulegenden Wertes. Auf diese Weise sollen Gebote aus Regionen mit einer bereits hohen installierten Leistung aus EE gekoppelt mit einer geringen zeitgleichen Maximallast verteuert und somit der Ausbau in diesen Regionen weniger attraktiv gestaltet werden. Darstellung 1 zeigt den Effekt der Verteilernetzkomponente auf die Reihung von Geboten.

Die Höhe der Verteilernetzkomponente hängt dabei vom Verhältnis der installierten Leistung aus Windenergie und PV ab (Portfolioquotient, PQ). Die Frage, ob in einem Landkreis überhaupt ein Aufschlag auf die Gebote vorgenommen werden muss, hängt jedoch darüber hinaus auch noch davon ab, ob es sich bei dem Landkreis um ein Verteilernetzausbaugebiet handelt. Dies wird über ein komplexes Verfahren ermittelt, bei dem nicht nur die installierte Leistung der unterschiedlichen Erneuerbaren Energien eine Rolle spielt, sondern auch weitere Faktoren wie Bevölkerung, Bruttowertschöpfung und die daraus resultierende synthetisch bestimmte Höchstlast des Landkreises. Einen ausschnittsweisen Überblick, wie die Einordung in Verteilernetzausbaugebiete aussehen könnte, zeigt Darstellung 2.

Im Dezember soll dann durch die Bundesnetzagentur bestimmt und veröffentlicht werden, bei welchen Landkreisen es sich um Verteilernetzausbaugebiete handelt und in welcher Höhe Aufschläge in Form von Verteilernetzkomponenten in den jeweiligen Landkreisen angewendet werden. Dabei stützt sich die BNetzA sowohl auf die Zahlen des neuen Marktstammdatenregisters sowie Statistiken zu Bevölkerung und Wertschöpfung.

Regionale Höchstwerte zur Minimierung von „windfall profits“
Ein weiteres Designelement der GemAV stellen die regionalen Höchstwerte für Windenergie dar, die ab 2019 die Höchstwerte der technologiespezifischen PV-Ausschreibung als Höchstwerte ablösen sollen. Die Einteilung der Landkreise in die drei Höchstwertzonen erfolgt nach mittlerer Windgeschwindigkeit.

In Abhängigkeit der Einordung in die Zonen werden sodann 100%, 116% oder 129% des Höchstwertes der technologiespezifischen Windauktionen als neuer regionaler Höchstwert festgelegt, wobei sich die Höhe der Faktoren an das Referenzertragsmodell für Windenergie aus dem EEG 2017 anlehnt.

Regionen mit bes. Flächenpotenzial
19 Landkreisen, die vom Braunkohletagebau dominiert werden bzw. wurden, kommt in der GemAV eine Sonderrolle zu. Diese stellen per Definition keine Verteilernetzausbaugebiete dar. Daneben soll in ihnen die maximale Gebotsgröße für PV-Anlagen von 10 MW auf 25 MW angehoben werden.

Als Begründung für diese Sonderregelung führt das BMWi an, dass in diesen Regionen ein gut ausgebautes Verteilnetz existiert, in dem durch den Wegfall konventioneller Erzeugungskapazitäten in den kommenden Jahren hohe Kapazitäten frei werden. Außerdem weisen diese 19 Landkreise besonders große, zusammenhängende Flächen auf, auf denen kostengünstig große PV-Freiflächenanlagen gebaut werden können.

Optimierungsmöglichkeiten für Akteure aus der Windbranche
Durch zwei neue jährliche Ausschreibungstermine ab 2018 ergeben sich für die Marktakteure Optimierungsmöglichkeiten in Bezug auf Gebotspreisfindung und Teilnahme an mehreren Auktionen. So können Gebote aus Landkreisen, die nicht oder nur in beschränktem Umfang durch Verteilnetzkomponenten benachteiligt werden, eine höhere Zuschlagswahrscheinlichkeit erwarten.

Schon allein aus diesem Grund ist die Kenntnis, welche Regionen von der GemAV zukünftig beeinflusst werden könnten, schon heute bei der Projektentwicklung und -akquise ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Eine Einschätzung dazu liefert enervis in Form einer Studie sowie bei einem GemAV-Workshop.

enervis-Autor
Daniel Peschel

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