Die letzte Windauktionsrunde in einem exklusiven Club!

Als Mitte August die Ausschreibungsergebnisse für die dritte Auktionsrunde Windenergie an Land veröffentlicht wurden, war in der Pressemitteilung der Bundesnetzagentur ein kurioses Detail zu finden. Die Runde mit einer Ausschreibungsmenge von 670 MW war zwar überzeichnet, es konnten jedoch alle zugelassenen Projekte einen Zuschlag erhalten. Gebote wurden bisher nur wegen Formfehlern ausgeschlossen, doch dieses Mal gab es einen anderen Grund. Dieser enerviews analysiert, um welche Windenergieanlagen es sich hier handelt und was insbesondere ab 2019 zu einer ganz neuen Angebotssituation führen könnte.

Pressemitteilung der Bundesnetzagentur

Am 17.8.18 meldete die Bundesnetzagentur, dass insgesamt 91 Gebote mit einem Volumen von 709 MW abgegeben wurden, wovon jedoch 42 MW nicht zugelassen wurden. Dabei wurden neben den üblichen formalen Ausschlussgründen (z.B. nicht maschinelles Ausfüllen der Unterlagen, keine Unterschrift, …) auch Gebote ausgeschlossen, die aufgrund der Übergangsbestimmungen des EEG 2017 nach Ansicht des Gesetzgebers erst ab dem Jahr 2019 teilnahmeberechtigt sind. Diese Bietergruppe muss man genauer analysieren, um ein Verständnis für das Auktionsergebnis zu erlangen.

Die freiwillige Option in das Ausschreibungsregime

Rückblick: Bis Februar 2017 hatten Betreiber von Anlagen mit BImSchG-Genehmigung vor 2017 und fristgerechter Meldung bis Januar 2017 die Möglichkeit, sich zu entscheiden, ob sie an den kommenden Auktionen nach EEG 2017 teilnehmen möchten oder ob sie ihr Projekt bis Ende 2018 mit einer gesetzlichen Vergütung ans Netz bringen möchten. Der überwiegende Großteil der Betreiber entschloss sich damals dazu, nicht in die Ausschreibung zu optieren und lieber bei der damals vermeintlich höheren, gesetzlich festgeschriebenen Vergütungshöhe zu bleiben. Ein kleiner Anteil von 475 MW entschied sich allerdings für die Teilnahme an den Auktionen (siehe EEG 2017: § 22 Absatz 2 Satz 2c). Von diesen 475 MW „Optierern“ war in den mittlerweile 6 Auktionsrunden schon ein größerer Anteil erfolgreich.

Bei den Projekten, die nicht zu den “Optierern” zählen, erlischt bei Nicht-Inbetriebnahme bis Ende 2018 das Recht auf eine gesetzlich festgelegte Vergütungshöhe. Diese müssen danach in einer Ausschreibung einen Zuschlag erringen. Ob dies auch schon zuvor, in 2018, möglich ist, muss noch entschieden werden. Lukrativ wäre diese Option für die Nicht-Optierer bei Zuschlägen nahe 6,3 ct/kWh allemal.

Projekte im Endspurt

Dass es sich bei den Projekten, die vor dem 31.12.2016 genehmigt wurden, und die beschlossen hatten, die Übergangsregelung wahrzunehmen, um eine nicht zu unterschätzende Menge handelt, zeigt die Abb. 1. Bis zum Stichtag 1.7.2018 sind noch insgesamt knapp 1.800 MW an genehmigten Projekten nicht in Betrieb gegangen. Diese Projekte haben nun nur noch bis zum 31.12.2018 Zeit, um den Betrieb aufzunehmen – andernfalls müssen die Anlagen an den Ausschreibungen ab 2019 teilnehmen, um eine Vergütung nach EEG 2017 zu erlangen.

Erwartungsgemäß stammt der Großteil der vor 2017 genehmigten, aber noch nicht in Betrieb gegangenen Anlagen aus dem Jahr 2016; viele davon auch aus der besonders großen Genehmigungswelle im Dezember 2016, vor den Ausschreibungen mit damals 5 GW. So sind aktuell noch ca. 1.337 MW an Anlagen mit einem Genehmigungsdatum in 2016 bislang nicht in Betrieb. Für Anlagen mit einer Genehmigung in 2015 sind dies 177 MW und für Anlagen vor 2015 sind es noch 277 MW.

Die regionale Verteilung dieser Anlagen zeigt, dass viele der Projekte insbesondere in Niedersachsen zu verorten sind; dahinter folgen Nordrhein-Westfalen und Brandenburg (siehe Abb. 2). Die danach folgende Grafik (Abb. 3) zeigt die Unterschiede zwischen den noch nicht in Betrieb gegangenen Anlagen mit einem Genehmigungsdatum vor 2017 (blau) und den nach 2017 genehmigten Anlagen (grau). Es zeigt sich, dass sich die Anlagentypen in den letzten zwei Jahren weiterentwickelt haben und insbesondere die Rotordurchmesser immer größer werden. Die vergleichsweise geringe Veränderung bei der Nabenhöhe liegt an planerischen Begrenzungen, wie bspw. restriktive Höhenbegrenzungen.

Die große Frage ist nun, wie viele von diesen Projekten noch vor dem 31.12.2018 in Betrieb genommen werden und wie hoch der Anteil derer ist, die dies nicht schaffen und sich somit über die Teilnahme an den Ausschreibungen eine Vergütung sichern müssen.

Die Gründe für eine nicht fristgerechte Inbetriebnahme können sehr vielseitig sein. Ein Teil der Projekte ist sicherlich beklagt, womit teilweise ein rechtlich erzwungener Baustopp einhergeht. Einige Projekte sind voraussichtlich nicht wirtschaftlich umzusetzen und werden deshalb nicht genehmigt bzw. nicht weiter verfolgt. Probleme können sich jedoch auch durch Lieferengpässe der Hersteller und eine begrenzte Verfügbarkeit von Montageunternehmen oder Baukränen ergeben. Genauso ist es möglich, dass naturschutzrechtliche Auflagen berücksichtigt werden müssen und bspw. bestimmte zeitliche Rodungsfenster den Baubeginn verzögern.

Bei einer theoretischen Zubaumenge von ca. 200 MW pro Monat bis Ende 2018 und der Annahme, dass ca. 250 MW der Projekte mit einem Genehmigungsdatum vor 2015 nicht mehr bis Ende 2018 in Betrieb gehen, ist davon auszugehen, dass ca. 600 MW ab Anfang 2019 als zusätzliches Angebotspotenzial für Auktionen zur Verfügung stehen. Diese Zahl kann je nach Situation in der Realität nach oben oder unten abweichen. Das hier beschriebene Potenzial steht somit in Konkurrenz zu neu genehmigten Projekten.

Und was war nun am 1.8. los?

Warum jedoch haben bereits jetzt zur August-Ausschreibung Anlagen aus diesem Pool teilgenommen? Das EEG 2017 hat allen Betreibern Ende 2016 die Option geboten, an den Ausschreibungen teilzunehmen, was ca. 475 MW auch nutzten. Um eine Optimierungsmöglichkeit der Bieter durch Wechsel zwischen Ausschreibung und gesetzlicher Vergütung zu verhindern, sind laut Bundesnetzagentur alle Projekte mit einer Genehmigung vor 2017 (die nicht zu den Optierern gehören) von der Auktion bis zum 1.1.2019 ausgeschlossen. Der spätere Opt-In in die Auktion wird somit von der Bundesnetzagentur abgelehnt, bzw. das entsprechende Gebot nicht zugelassen. Ein Blick ins EEG lässt zumindest erahnen, dass dies die Absicht des Gesetzgebers war. Der Grund, weshalb es einige vermutlich trotzdem probiert haben, ist die Tatsache, dass seit dem Bürgerenergiemoratorium Anfang 2018 die Vergütungshöhe in der Ausschreibung kontinuierlich steigt und der Angebotsüberhang sehr gering war bzw. in den letzten beiden Ausschreibungsrunden nicht existiert hat (siehe Abb. 4). Das durchschnittliche Preisniveau war in der letzten August-Runde nur knapp unter dem Grenzpreis von 6,3 ct/kWh. Dies ist natürlich auch für Betreiber mit einer Genehmigung vor 2016 verlockend, insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Angebotspotenzial für die Ausschreibungen ab 2019 voraussichtlich ansteigt. Durch die Degression der Vergütungssätze für Anlagen mit einer gesetzlichen Vergütung ist das aktuelle Preisniveau in der Ausschreibung umso attraktiver.

Was die Biomasse-Ausschreibung uns lehrt

Eine ähnliche Problematik tat sich schon bei einer anderen EE-Technologie auf – der Biomasse. So vertritt die BNetzA auch hier die Auffassung, dass Anlagen mit Genehmigung vor 2017 und Inbetriebnahme vor 2019 nicht an der Auktion teilnehmen sollen. Ein explizites Wahlrecht wurde jedoch durch das EEG 2017 nicht eingeräumt. Das führte bei einigen Genehmigungsinhabern zu Verstimmung, denn auch bei der Biomasse verspricht die Ausschreibung durch eine Unterdeckungssituation in der letzten Runde in 2017 höhere Vergütungen, als die gesetzlich festgelegten. Das OLG Düsseldorf kam hier, zur Freude der vermeintlichen Bieter, zum Schluss, dass anders als die Rechtsauffassung der BNetzA auch Genehmigungen von vor 2017 an der Ausschreibung teilnehmen dürfen, sofern die Inbetriebnahme vor 2019 nicht gelingt.

Inwieweit sich diese ähnliche Situation nun auch auf die Windenergie übertragen lässt, bleibt zu beantworten. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass nicht zugelassene Bieter der Augustrunde sich gegen die Entscheidung der BNetzA stellen und versuchen werden, ihr Recht auf Ausschreibungsteilnahme durchzusetzen – mit bisher unbekannten Konsequenzen.

Letzte Auktion im begrenzten Angebotsumfang

Die Ausschreibungsrunde am 1.10.2018 ist also – zumindest vorläufig – die letzte Runde, die nur für Projekte mit einer Genehmigung nach den 1.1.2017 zugelassen ist und für Projekte, die damals ihre Option gezogen haben. Da bereits in den letzten beiden Ausschreibungsrunden das Angebot unter der Ausschreibungsmenge lag, konnte kein entscheidender Angebotsüberhang erzielt werden. Dazu kommt, dass die Ausschreibungsrunden August und Oktober zeitlich sehr nah beieinander liegen und somit die Menge an neugenehmigten Anlagen voraussichtlich gering sein wird. Es besteht somit für Bieter eine gute Möglichkeit, in der kommenden Runde einen Zuschlag zu einem guten Preis zu erlangen.

Fazit

Es lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, wie groß der Effekt der Anlagen mit einer verspäteten Inbetriebnahme für die Ausschreibungen ab Februar 2019 sein wird, da dies von vielen Faktoren abhängt. Entscheidend sind dabei insbesondere, wie viele der Projekte überhaupt nicht mehr effektiv verfolgt werden und wie viele der Projekte doch noch vor der Inbetriebnahme stehen und im Endspurt des Jahres 2018 ans Netz gehen werden. Unabhängig davon ist jedoch klar, dass die Bedingungen in der Auktion am 1. Oktober vorteilhaft für die Bieter sein könnten und sich eine möglichst zeitnahe Teilnahme für diese lohnen sollte.

enervis bietet die passende Unterstützung für die Einschätzung der Auktionsrunde Oktober 2018

Seit Beginn des Ausschreibungssystems bietet enervis das „enervis-Auktionsmodell“ an, welches auf Grundlage von Anlagen- und Flächendaten im Verschnitt mit detaillierten Kostendaten eine Gebotspreiskurve für die jeweilige Ausschreibungsrunde modelliert. Das „enervis-Auktionsmodell“ wird nach jeder Ausschreibungsrunde umfassend kalibriert und weiterentwickelt. Zur letzten Auktion zum 1.8.2018 zeigte das „enervis-Auktionsmodell“  eine leichte Unterdeckung und lieferte damit für potenzielle Bieter eine fundierte Entscheidungsgrundlage, um ihr eigenes Gebot zu optimieren.

Zur Auktion am 1.10.2018 bietet enervis die „Auktionsstudie Oktober 2018“ als Foliensatz im PDF an.

Ihr Ansprechpartner bei enervis

Herr Daniel Peschel Daniel.Peschel@enervis.de
Tel. 030 695 175 29
Herr Fritz Halla Fritz.Halla@enervis.de
Tel. 030 695 175 31


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