Im freien Fall? Ergebnisse und Hintergründe der zweiten Wind-Auktionsrunde vom 1.8.

Nach den Ergebnissen der ersten Ausschreibungsrunde für Onshore-Wind war für die zweite Runde von weiter fallenden Gebotspreisen und einem großen Angebotsüberhang auszugehen. Die am 15.8.2017 von der Bundesnetzagentur veröffentlichten Ergebnisse zeigen nun, dass eine Preissenkung von deutlich über 1 ct/kWh zwischen den zwei aufeinanderfolgenden Auktionsrunden eingetreten ist. Eine erste Analyse der Ergebnisse und einen Blick auf mögliche Hintergründe liefern diese enerviews.

Kernergebnisse der 2. Ausschreibungsrunde
In der zweiten Auktionsrunde am 1.8.2017 wurden von der Bundesnetzagentur 1.000 MW für Windenergie Onshore ausgeschrieben. Auf diese Nachfragemenge traf ein Angebot von 2.927 MW, aufgeteilt auf 281 Einzelgebote, wovon 14 Gebote für ungültig erklärt wurden. Von diesem Angebot wurden 67 Gebote bezuschlagt, was 1.013 MW bzw. 273 Windenergieanlagen entspricht. Damit war die zweite Ausschreibungsrunde fast dreifach überzeichnet, was sogar eine Steigerung ggü. der ersten Runde im Mai 2017 bedeutet.

Mit einem Grenzpreis von nur noch 4,29 ct/kWh (Punkt 1 in Abb. 1) wurde der Preis der ersten Auktionsrunde (5,78 ct/kWh) noch einmal deutlich unterboten. Auch der mengengewichtetet mittlere Zuschlagswert aller Zuschläge lag mit 4,28 ct/kWh (Punkt 2 in Abb. 1) deutlich unter dem Wert aus der ersten Runde (5,71 ct/kWh). Das niedrigste Gebot betrug 3,5 ct/kWh (Punkt 3 in Abb. 1) und liegt damit auch noch einmal unter dem niedrigsten Gebotswert aus der ersten Runde (4,20 ct/kWh). Die Kapazitätsgrenze von 322 MW im Netzausbaugebiet wurde in der zweiten Runde nicht ausgeschöpft, so dass es hier im Gegensatz zur ersten Ausschreibungsrunde nicht zu einer Preisdifferenzierung kommt.

Durch das Referenzertragsmodell werden diese Zuschlagswerte in eine standortspezifische Vergütungshöhe (anzulegender Wert) umgerechnet. Da die Standortgüte der Zuschläge nicht bekannt ist, wird hier der Korridor der anzulegenden Werte gezeigt. Abb. 1 zeigt, dass dieser für den höchsten Zuschlag – welcher für alle Bürgerenergiegesellschaften gilt – zwischen 5,53 ct /kWh am 70%-Standort und 3,39 ct/kWh am 150%-Standort liegt.

Regionale Verteilung der Zuschläge

Im Hinblick auf die regionale Verteilung der Zuschläge zeigt sich in der zweiten Runde ein starker Fokus auf die Bundesländer Brandenburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Im Gegensatz zur ersten Runde ging kein einziger Zuschlag nach NRW. Abb. 2 zeigt die Verteilung der Zuschläge nach Bundesländern. Vor allem die südlichen Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen erhielten wenige bis gar keine Zuschläge. Auch das in der ersten Runde stark vertretene Schleswig-Holstein verzeichnet einen deutlichen Rückgang der Zuschläge.

Rolle der Bürgerenergie in der zweiten Runde

Wie bereits im Vorfeld der Auktion erwartet, lag die Erfolgsquote von Geboten aus Bürgerenergiegesellschaften (BEG) mit ca. 91% der bezuschlagten WEA wieder sehr hoch. Eine Hintergrundrecherche von enervis zu den Bietergesellschaften lässt dabei in vielen Fällen einen Rückschluss auf professionelle Projektentwickler zu, die mit der Bieter-BEG in Verbindung stehen. In der zweiten Runde entfielen auf einen einzigen Projektentwickler rd. 67% der Zuschläge über BEG und nochmal ca. 3 % der Zuschläge über bereits genehmigte Projekte. Dies bedeutet eine starke Marktkonzentration durch die umfangreiche Nutzung des BEG-Modells. Abbildung 3 zeigt die Aufteilung der bezuschlagten WEA nach BEG bzw. nicht-BEG sowie den Anteil der erfolgreichen Bieter, die über ihre Gesellschaftsstruktur einem Projektentwickler zugeordnet werden können.

Konsequenzen für den Windmarkt
Durch die auf bis zu 4,5 Jahre verlängerte Realisierungsfrist für BEG-Zuschläge könnte es für viele Marktakteure zu einem „Fadenriss“ in der mittelfristigen Geschäftsentwicklung kommen. Der Gesetzgeber sieht diese Gefahr auch und hat daher zumindest für die ersten beiden Auktionsrunden in 2018 ein „BEG-Moratorium“ beschlossen. Ob dann jedoch eine Erholung der Zuschlagswerte möglich wird, ist fraglich. Denn aufgrund des bereits erfolgten Preisverfalls in den Auktionen in 2017 wird der Höchstpreis für die vierte Runde am 1.2.2018 auf ein sehr niedriges Niveau (ggf. sogar unter 5 ct/kWh) sinken.

Vorbereitung auf die nächste Auktionsrunde
Aus der nun abgeschlossenen zweiten Auktionsrunde verbleiben damit rd. 1.914 MW nicht bezuschlagte Gebote. Zusätzlich zu diesem Angebot sind für die kommende Runde am 1. November neue Genehmigungen zu erwarten. Unterstellt man, dass diese Kapazitäten sich wieder um einen Zuschlag bewerben, so ist die Ausschreibungsmenge von 1.000 MW zum 1.11.2017 perspektivisch bereits heute überzeichnet. Hinzu kommt eine große Wahrscheinlichkeit, dass wieder viele BEG-Gebote platziert werden.

Für die Abschätzung der Mengen und Gebotspreise aus genehmigten Projekten hat enervis ein umfassendes Auktionsmodell mit entsprechenden Datenbanken erstellt. Damit lassen sich Prognosen der Gebotspreise für die nächste Auktionsrunde sowie auch längerfristig erstellen. Auch ein Berechnungsmodul für die Abbildung potenzieller Gebote aus BEG-Projekten ohne Genehmigung ist integriert. enervis bietet sowohl die Nutzung dieses Auktionsmodells als auch die Erstellung von Auktionsstudien für die Windbranche an. Nähere Informationen zum Auktionsmodell gibt es hier:

www.wind-auktion.de

oder direkt bei den enervis-Autoren:
Dr. Nicolai HerrmannDaniel Peschel

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