Optimale Vermarktung von KWKG-geförderten Anlagen: „Einpreisen oder Zurückhalten?“

Bei jeder KWKG-geförderten Anlage stehen die Betreiber und Vermarkter vor der Herausforderung, eine Strategie zu entwickeln, wie mit dem KWKG-Zuschlag, der über eine definierte Anzahl von Vollbenutzungsstunden ausgezahlt wird („30.000 VBS“), umzugehen ist. In der Praxis bestehen hier bei Anlagenbetreibern häufig Unsicherheiten. Wird der KWKG-Zuschlag bereits zu Beginn der Förderdauer vollständig in den Anlageneinsatz eingepreist, so wird die Wirtschaftlichkeit der Anlage nicht ausoptimiert, daneben fällt die Anlage nach Auslaufen der Förderung in die Unwirtschaftlichkeit. Eine Lösungsstrategie, die zu einer wirtschaftlichen Besserstellung führen kann, besteht darin, den KWKG-Zuschlag nur anteilig in den Anlageneinsatz einzupreisen. Diese enerviews beschreiben eine geeignete Einsatzstrategie.

Ausgangssituation der Anlagenbetreiber
Der KWKG-Zuschlag, der über eine ex-ante fixierte Anzahl von VBS ausgezahlt wird („30.000 VBS“), ist seiner Form nach ein „Investitionskostenzuschuss“ („Fördersatz X €/MWh multipliziert mit Förderdauer Y VBS“). Hier stellt sich für Anlagenbetreiber weniger die Frage, ob die Förderung ausgezahlt wird, sondern vielmehr mehr wann dies der Fall ist. Anlagenbetreiber haben regelmäßig zu entscheiden, ob bzw. wie stark sie einen KWKG-Zuschlag in ihren Anlageneinsatz einbeziehen. Die Einflussfaktoren einer solchen Entscheidung und eine Lösungsstrategie werden im Folgenden erläutert.

Wird der Zuschlag vollständig eingepreist (Fall 1), führt dies dazu, das die KWKG-Anlagen ihre Auslastung (relativ) steigern. Unter „Einpreisen“ wird an dieser Stelle verstanden, dass die Förderung als variabler Erlös in die Vermarktung der Anlage einbezogen wird. Dies wirkt so, als wären die Stromerlöse der Anlage höher, als sie eigentlich (nach Marktpreisen) sind. Die Anlage läuft dabei aber auch in Stunden, in denen Sie sonst aufgrund niedriger Strompreise nicht (oder weniger) Strom erzeugt hätten. In diesen Stunden ist der spezifische Deckungsbeitrag exkl. KWKG-Zuschlag (=„Strompreis + Wärmeerlös – Brennstoffkosten“) negativ. Der Vorteil einer solchen Strategie ist jedoch, dass der Betreiber eine frühere Auszahlung durch die KWKG-Förderung erhält, was einen positiven Kapitalwerteffekt hat.

Die gegenläufige Strategie wäre es, den KWKG-Zuschlag gar nicht in den Anlageneinsatz einzubeziehen (Fall 2). Die spezifische Marge der Stromerzeugung wäre dann insgesamt höher, da die Anlage nur in Stunden mit höheren Strompreisen und im Ergebnis positiven Deckungsbeiträgen läuft. Die Anlage würde genauso viele Stunden laufen wie ohne KWK-Zuschlag und somit für weniger Stunden pro Jahr eine Auszahlung erhalten. Da die Gesamtförderung konstant bleibt, würde sich die Förderung (z.B. 30.000 VBS) dadurch über einen längeren Zeitverlauf erstrecken. Gleichzeitig wäre diese Strategie jedoch mit Opportunitätskosten (des Kapitals) verbunden, da der Zuschlag insgesamt später ausgezahlt wird.

Nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Einsatzstrategie an einem (schematischen) Beispiel. In Fall 1 liegen die Erlöse inkl. KWKG (dunkle Linie) häufig über den Grenzkosten (hellgraue Linie), die Anlage erzeugt daher fast immer Strom. Neben den Erlösen aus dem KWKG (hellblaue Balken) fallen jedoch in vielen Stunden negative Deckungsbeiträge durch Strom-/Wärmeverkauf an (orange Balken). In Fall 2 liegen die Erlöse ohne Einpreisung des KWKG häufig unter den Grenzkosten, die Anlage läuft seltener, dafür jedoch nur mit positiven Deckungsbeiträgen.

Zwischen Fall 1 und Fall 2 existiert ein anlagenspezifisches Optimum, in dem der KWKG-Zuschlag nur anteilig in den Anlageneinsatz eingepreist ist. Im Ergebnis steht eine Vermarktungsstrategie, die die Opportunitätskosteneffekte und die Optimierung des Deckungsbeitrages kapitalwertoptimal ausbalanciert.

Strategie an einem Beispiel
Abbildung 2 illustriert die zuvor beschriebenen Effekte. Dargestellt sind hier Modellergebnisse für den Kapitalwert einer beispielhaften KWKG-Anlage. Dabei wurden auf der X-Achse verschiedene Einsatzstrategien durchvariiert, die sich darin unterscheiden, wie stark der KWKG-Zuschlag in den Anlageneinsatz eingepreist wurde (zwischen 0 und 100 %).

Die graue Linie steht für den Kapitalwert der Anlage (normiert) aus den Deckungsbeiträgen (DB 2) für Strom/Wärme exkl. KWKG-Förderung. Die hellblaue Linie steht für den Kapitalwert der Deckungsbeiträge aus dem KWKG-Zuschlag. Die orange Linie steht für die Summe daraus und repräsentiert somit den Kapitalwert der zentralen Erlösströme der Anlage.

Erkennbar gehen die Deckungsbeiträge aus Strom/Wärme durch eine Einpreisung des Zuschlags recht deutlich zurück, da in Stunden mit negativen Margen produziert wird. Der Kapitalwert aus dem KWKG-Zuschlag steigt jedoch an, da die Auslastung der Anlage ansteigt. In Summe (orange Linie) ergibt sich hier ein Optimum bei einer Einpreisung in der Größenordnung von 25 %. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieses Optimum nur für die hier betrachtete Beispielanlage gilt.

Hervorzuheben ist, dass der Kapitalwert der Anlage (orange Linie) in einer Größenordnung von 10% durch die Wahl der Vermarktungsstrategie beeinflusst wird. Eine Größe, die sich ohne Investitionen oder Änderungen an der Anlagenkonfiguration leicht beeinflussen lässt. Vor dem Hintergrund der knappen Margen am Strommarkt ein Effizienzpotenzial, welches auf keinen Fall vernachlässigt werden sollte.

Notwendige Analysen
In einem ersten Schritt gilt es, Zukunftsszenarien der Wärmenachfrage und Strompreisstrukturen aufzustellen. Bei Letzterem kommt das enervis Fundamentalmodell zum Einsatz, welches die langfristige Entwicklung hochaufgelöster Strompreise ermöglicht. Hierbei sollten verschiedene Szenarien betrachtet werden, um zu ermitteln, welche Risiken einer Strategie innewohnen bzw. wie stabil die wirtschaftlichen Effekte sind.

Hierauf basierend kann mit einem mathematischen Optimierungsprogramm ermittelt werden, welche Gebotsstrategie, den wirtschaftlichen Wert der Anlage maximiert. Hier kommt das enervis Dispatch-Modell zum Einsatz.

Im Ergebnis steht eine optimale Einsatzstrategie und damit eine fundierte Aussage darüber, wie stark der KWKG-Zuschlag in das Einsatz- bzw. Gebotsverhalten eingepreist werden sollte.

Fazit
In der energiewirtschaftlichen Praxis ist bei vielen Anlagenbetreibern jedoch Unsicherheit festzustellen, wie mit dem KWKG-Zuschlag im Anlageneinsatz umzugehen ist.

Die hier beschriebene Fragestellung ist jedoch relevant für alle strommarktorientierten und KWKG-geförderte Anlagen jeder Größenklasse (z.B. auch BHKW in Wärmenetzen) und kann signifikantes Optimierungspotenzial bieten. Relevant ist dies neben Bestandsanlagen auch für diejenigen Anlagen, die unter das KWKG 2016 fallen. Für Anlagen, die bisher nicht strommarktoptimiert betrieben werden (z.B. solche, die per Base-Preis abgerechnet werden), kann durch einen Wechsel zur strommarktorientierten Vermarktung und die hier beschriebenen Anpassungen an der Vermarktungsstrategie eine Besserstellung erreicht werden.

enervis ermittelt für Sie die optimale Einsatzstrategie Ihrer KWKG-geförderten Anlage. Sprechen Sie uns an, wir erörtern Ihre spezifische Ausgangssituation gern telefonisch mit Ihnen. Um Sie bei der Entscheidung zu unterstützen, vereinbart enervis hier auch ggf. gern eine erfolgsabhängige Vergütung.

Eine detaillierte Analyse zu dieser Fragestellung und zu den Neuerungen des KWGK 2016 erhalten Sie auch auf unserem Workshop „KWKG 2016: Vermarktungsoptimierung, Modernisierung, Neuinvestition“ am 20.09.2016 in Köln.

enervis-Autor
Julius Ecke

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